Wuppertal ist verschuldet und muss sparen. Im Folgenden haben wir Informationen und Diagramme zusammengetragen, die dabei helfen die Ausgangslage für die Haushaltsplanung besser zu verstehen. Dazu gehören Informationen zur Entwicklung der Schulden seit 1992, Gründe für die Verschuldung sowie den Haushaltssanierungsplan. Auf dem folgenden Diagramm sind die Fehlbeträge der städtischen Haushalte seit 1992 ausgewiesen. Fehlbeträge stehen für das jeweilige Jahresdefizit, d. h. den Betrag, um den die Aufwendungen nicht durch die Erträge ausgeglichen werden konnten.
Die Grafik stellt die Gesamtheit aller Kreditaufnahmen bei den Banken dar. In der kommunalen Welt wird unterschieden in
- Investitionskredite, die der Schaffung von Anlagevermögen dienen und in der Regel langfristiger Natur sind (analog der Nutzungsdauer der geschaffenen Vermögensgegenstände wie z.B. Straßen, Schulgebäude, Frisch- und Abwasserkanäle) und
- Kassen- bzw. Liquiditätskredite, die in der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Kommune für die laufende Verwaltungstätigkeit dienen. Diese Kredite sind in der Regel kurzfristiger Natur (bis maximal 10 Jahren). Hierunter fällt aber auch die im Jahr 2016 mit weiteren Städten platzierte NRW-Städteanleihe.
Das Diagramm stellt den Verlauf der Entwicklung der Kassen- bzw. Liquiditätskredite seit 1992 – dem Jahr des letzten ausgeglichenen Haushaltes – dar. Der ständige Anstieg des Kreditbestands konnte ab 2011, dem ersten Jahr, in dem die Stadt Mittel aus dem Stärkungspaktgesetz erhalten hat, gestoppt werden. Seitdem befindet sich der Kreditbestand in der Seitwärtsbewegung bzw. seit den letzten beiden Jahren in einer erkennbaren Abschmelzung.
Das Diagramm zeigt die Entwicklung der Investitionskredite. Über den gesamten Zeitraum ist bis auf eine kurze Zeitspanne um die Jahrtausendwende der Kreditbestand annähernd gleichbleibend. Die Ursache hierfür liegt in der sogenannten Netto-Null-Verschuldung. Aufgrund dieser Vorgabe darf die Stadt Wuppertal nur soviel neue Investitionskredite aufnehmen, wie sie im gleichen Jahr tilgt, also zurückzahlt. Der Anstieg des Kreditbestandes in 2014 geht aus den Ankauf des Schwebebahngerüstes zurück, der außerhalb der normalen Kreditaufnahme von der Bezirksregierung genehmigt worden war. Der weitere Anstieg in 2017 liegt insbesondere in der Umsetzung der mit den beiden Nachträgen zum Haushalt 2017 beschlossenen Erweiterung der Kreditermächtigung begründet. So wurden nebst der Reinvestitionen im Rahmen der Nettoneuverschuldung (rund 27 Millionen Euro) vor allem Kredite
- für die Konsolidierung der GWG (32 Millionen Euro),
- die Alten- und Altenpflegeheime (21 Millionen Euro)
- die Schwebebahninfrastruktur (5 Millionen Euro für den Schwebebahnhof Döppersberg)
- das GMW (2,3 Millionen Euro)
- den WAW (16,5 Millionen Euro) und
- 25 Millionen Euro für den ESW aus der Ermächtigung 2016 aufgenommen.
Gründe für die Schuldensituation in Wuppertal
Es gibt eine Reihe von Gründen für die Verschuldung in Wuppertal. Diese sind im Nachfolgenden zusammengefasst und beziehen sich vor allem auf den Zeitraum nach 1992.
-
Wirtschaftlicher Strukturwandel z.B. Rückgang der fertigenden Industrie, begrenzte Neuansiedlung neuer Dienstleistungsunternehmen, massiver Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse
- Strukturell bedingte Arbeitsmarktprobleme (nahezu permanenter Anstieg der Arbeitslosenquote
- Einheitsbedingte Belastung durch den Fonds Deutscher Einheit
- Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 04.12.2009: Belastung von 8,35 Millionen Euro jährlich für Wuppertal z.B. durch Erhöhung des Kindergeldes bzw. des Kinderfreibetrages, Mehrwertsteuerabsenkung bei Hotelübernachtungen
- Änderung des Wohngeldrechts führt zu einer Mehrbelastung von rd. 1,5 Millionen Euro
- Streichung/Kürzung bei der Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge bei Hartz IV Empfängern
- Beteiligungen der Gemeinden an der Krankenhausfinanzierung durch die Krankenhausinvestitionspauschale ab 2002
- reduzierte Landesförderung für den Bereich der Kindergärten
- Übermittagsbetreuung Sekundarstufe I
- Kommunalisierung Versorgungsamt ab 2008 (der städtische Haushalt wird mit rund 0,5 Millionen Euro pro Jahr belastet)
Gesetzliche Grundlage / Folgen für Wuppertal: Der Haushaltssanierungsplan
Gemäß den Allgemeine Haushaltsgrundsätze (§75 GO) hat die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Dabei muss der Haushalt in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein. Er ist ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Der Ausgleich kann auch erreicht werden, wenn der Fehlbedarf im Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können. Dieses Vorgehen bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung kann unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt werden, zum Beispiel der Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes.
Ein Haushaltssicherungskonzept ist gemäß § 76 GO aufzustellen, wenn die allgemeine Rücklage in erheblichem Maße oder wiederholt zum Ausgleich des Haushalts in Anspruch genommen werden muss oder wenn die allgemeine Rücklage aufgebraucht wird. Das Haushaltsicherungskonzept dient dem Ziel, im Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft die künftige, dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erreichen. Es enthält dementsprechend Maßnahmen zur Einsparung von Budget oder zum Erreichen von Mehreinnahmen.
Ein Haushaltsicherungskonzept bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung soll nur erteilt werden, wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept hervorgeht, dass spätestens im zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird.
Aufgrund des immer weiter anwachsenden strukturellen Defizits, wurden in Wuppertal von 1992 bis 2012 elf Haushaltsicherungskonzepte aufgestellt. Alle möglichen Einsparungen reichten allerdings nicht aus, um einen Haushaltsausgleich zu erzielen. Die beschlossenen Sparmaßnahmen gingen bereits an die Grenze des Zumutbaren für die Bürgerinnen und Bürger, für die Verwaltung sowie die Politik.
Hier ein Überblick über die Konsequenzen der dauerhaften Sparbemühungen:
Schließung von Hallen- und Freibädern
Schließung von Grund- und Hauptschulen
Sperrung / Nutzungsbeschränkung bei Brücken und Treppen
Erhöhung von Entgelten / Gebühren und Beiträgen
Zuschusskürzungen bei freien Trägern
Schließung eines Museums (Fuhlrottmuseum)
Personaleinsparungen
Steuererhöhungen
Keine neuen freiwilligen Leistungen
Kein genehmigungsfähiger Haushalt
Rückführung der bisherigen freiwilligen Leistungen, z.B. keine Stadterneuerungsmaßnahmen mehr (wie z.B. „Soziale Stadt“, Oberbarmen, Wichlinghausen), bei denen zu den Fördermitteln ein Eigenanteil gestellt werden muss
Einstellungen von Personal nur noch bei Pflichtaufgaben und nach vorheriger Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde
Keine Beförderungen mehr (auch nicht bei Pflichtaufgaben, z.B. Feuerwehr)
Diese Maßnahmen führten jedoch nicht zu einem ausgeglichenen Haushalt. Das Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben konnte nicht behoben werden. Es mussten Kassenkredite aufgenommen werden, die zu zusätzlichen Zinsausgaben führten. So konnte man zwar die Aufgaben der Stadt „am Laufen halten“, jedoch konnte die Gesamtsituation trotz stärkster Bemühungen nicht verbessert werden. Darüber hinaus waren seit dem Jahr 2014 sämtliche Rücklagen, sowie das Eigenkapital der Stadt Wuppertal aufgebraucht. Die Gemeinde war somit überschuldet, was gemäß §75GO verboten ist. Wuppertal steckte in einer sogenannten Vergeblichkeitsfalle. Allerdings gelang es der Stadt Wuppertal aufgrund des guten Ergebnisses 2017 das negative Eigenkapital wieder auszugleichen und eine allgemeine Rücklage in Höhe von 4,3 Millionen Euro zu bilden.
Durch die Hilfe des Bundes und insbesondere durch das Stärkungspaktgesetz des Landes und den enormen Anstrengungen durch den Haushaltssanierungsplan 2012 – 2021 ist ein Ausweg aus der Vergeblichkeitsfalle gegeben.
Dank
zusätzlicher Landeshilfen war der Haushaltsausgleich im Jahr 2017 erstmals seit
25 Jahren möglich. In den Folgejahren soll dieser trotz abschmelzender
Landeshilfen ebenfalls erreicht werden. Der Haushaltsplan 2018/2019 wies jedoch
für das Jahr 2018 erneut ein Defizit aus. Statt des mit der 6. Fortschreibung
des Haushaltssanierungsplanes noch ausgewiesenen Überschusses für das Jahr 2018
in Höhe von 6,5 Millionen Euro konnte aufgrund des sehr guten Ergebnisses 2017 infolge
des Einmaleffektes bei der Gewerbesteuer und der damit einhergehenden
Reduzierung der Schlüsselzuweisungen für 2018 der Haushaltsausgleich in 2018
nicht dargestellt werden. Das Diagramm zeigt die
Entwicklung der prognostizierten Jahresergebnisse, wie sie im
Nachtragshaushalt ausgewiesen werden.