Lokaljournalismus in Wuppertal gemeinwohlorientiert weiterentwickeln
Die Medienlandschaft ist deutschlandweit im Umbruch: Tageszeitungen verlieren dramatisch an Abonnenten:innen, die Auflagen haben sich seit 1995 mehr als halbiert. Lokalredaktionen werden zusammengelegt. Anzeigenblätter erscheinen nur noch einmal die Woche oder müssen aus Kostengründen eingestellt werden. Davon ist auch die Wuppertaler Medienlandschaft betroffen: Das größte lokale Anzeigenblatt erscheint seit 2020 nur noch einmal wöchentlich. Bei der größten Tageszeitung wurde in der Vergangenheit bereits mehrmals der Rotstift angesetzt und Redaktionsstellen abgebaut. Die Konsequenz: Am eigenen Wohnort sinkt das Informationsangebot stetig, zugleich verlieren die Bürger:innen die Möglichkeit, auf Probleme hinzuweisen, Kritik zu äußern und für lokales Engagement zu werben. Der Raum für „FakeNews“ wächst.
Wohin das führen kann, lässt sich in den Vereinigten Staaten sehen: In über 200 Counties, in der Größe vergleichbar mit den deutschen Landkreisen, gibt es keine digitale oder gedruckte Lokalzeitung mehr. In diesen „News deserts“ steigen die Kosten für Öffentliche Verwaltungen, die Wahlbeteiligung sinkt, die Umwelt- und Wirtschaftskriminalität nimmt zu. Demokratie und Gesellschaft sind die Verlierer:innen.
Es braucht einen neuen Impuls, einen Aufbruch im Lokaljournalismus, der die Medienvielfalt stärkt und einen Gründergeist beschwört. Doch welche Wege und Möglichkeiten gibt es? Ein gemeinnütziger, von der Community – sprich von der (Stadt-)Gemeinschaft – getragener Lokaljournalismus kann eine Chance bieten. Bürger:innen „machen“ bei ihrer Zeitung mit. Diese aktive Involvierung, die die Bürgerschaft samt ihren Interessen und Sorgen, aber auch ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen in den Fokus rückt, kann einerseits ein Beitrag gegen Medien- und Politikverdrossenheit sein und andererseits eine höhere Identifikation mit der „eigenen“ Zeitung schaffen. Vor diesem Hintergrund muss auch das Thema „Diversität“ diskutiert werden: Wie können Lokalredaktionen das Informationsbedürfnis einer pluralen und diversen Gesellschaft abbilden und zugleich selbst diverser werden?
Auch stellt sich die Frage, wie in Zukunft ein zeit- und kostenintensiver investigativer Lokaljournalismus funktionieren kann, der kritisch hinterfragt, aufdeckt und so Veränderungen anstößt.
Die Antworten auf diese und weitere Fragen sollen gemeinsam mit der Wuppertaler Stadtgesellschaft in Fachforen, Workshops und gemeinsamen Diskussionen entwickelt, im Anschluss in aufbereiteter Form publiziert und so Anreize für ein lokales mediales und journalistisches Engagement, womöglich mit der Gründung neuer Medien, geschaffen werden.
Betroffenes Gebiet:
Wuppertal Gesamtstadt
Schwerpunktmäßig betroffene Themen:
Engagement
Warum ist die Idee gut für Wuppertal?
Eine schwächer werdende Medienlandschaft in Wuppertal hat erhebliche Auswirkungen auf die Stadtgesellschaft. Bürger:innen und Zivilgesellschaft müssen verstärkt auf eigene Kanäle setzen, was im ehrenamtlichen Bereich oft die verfügbaren Kräfte übersteigt und den Ausbruch aus der eigenen „Blase“ erschwert. Auch müssen Öffentliche Verwaltungen, lokale Institutionen und die hiesigen Wirtschaft einen erhöhten Aufwand betreiben, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Mit einer schwächer werdenden „vierten Gewalt“ fehlt zugleich ein kritisch-hinterfragender Akteur im Stadtgeschehen. Wohin das führen kann, zeigt der bereits zuvor getätigte Blick in die Vereinigten Staaten. Die Grundproblematik ist deutschlandweit gegeben, doch die Antworten müssen lokal, von der Stadtgesellschaft und unter Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten (sozial, demografisch, kulturell usw.) gefunden und entwickelt werden. Gerade Wuppertal sticht durch sein enormes bürgerschaftliches Engagement heraus, einer lebhaften Zivilgesellschaft, die in der Lage ist, diese Antworten zu finden und zugleich als Vorbild für andere Orte zu fungieren. Hier kann ein Aufbruchssignal zur Schaffung einer neuen medialen Vielfalt im Lokalen gelingen.
Wann soll die Umsetzung der Idee beginnen und wie lange wird das in etwa dauern?
Die Entwicklung der geeigneten Formate soll 2024, die Umsetzung innerhalb 2024 und 2025 erfolgen.
Was ist die Aufgabe der Stadt Wuppertal bei der Umsetzung der Idee?
Die Stadt Wuppertal stellt in erster Linie die Finanzierung im Rahmen des Bürger:innenbudgets sicher. Darüber hinaus wünschen wir uns eine Beteiligung der Vertreter:innen der Stadtverwaltung und der Politik am oben skizzierten Diskurs. Ferner würden wir gerne vom Erfahrungsschatz der Stadtverwaltung in puncto Bürger:innen-Beteiligung profitieren, etwa vom Team Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement.
Was möchten Sie selbst zur Verwirklichung beitragen?
Die CampusZeitung blickfeld (www.blickfeld-wuppertal.de) und der BOB Campus in Wuppertal-Oberbarmen (www.bob-campus.de) übernehmen die Umsetzung der Idee. Ein weiterer Unterstützer, der seine Reichweite und Netzwerke einbringt, ist das Recherchenetzwerk CORRECTIV (correctiv.org). Weitere (lokale) Partner sollen in 2024 gefunden werden.
Was schätzen Sie, wie viel wird die Umsetzung der Idee in etwa kosten?
Die Idee setzt auf eine breite öffentliche Beteiligung, die umfangreiche Werbemaßnahmen, organisatorische Unterstützung, verschiedene Dienstleister (etwa für Veranstaltungsmanagement und -technik etc.), Referent:innen (samt Honorar und ggf. Unterbringung), Catering usw. erfordert. Auch müssen im Anschluss die Ergebnisse zusammengetragen, aufbereitet und veröffentlicht werden. Für Vor- und Nachbereitung sowie Umsetzung setzen wir einen Kostenrahmen von ca. 50.000 Euro an.
M. P.
19.04.2023 um 13:21
blickfeld Wuppertal
24.04.2023 um 16:34 • Der/Die Teilnehmende ist für diesen Beitrag
Zugleich besteht der Wunsch, dass sich Wuppertaler:innen zusammenschließen und sich durch unseren Diskurs ermutigt fühlen, neue Medien im Tal zu gründen und Medienvielfalt zu schaffen - sei es für die gesamte Stadt oder einzelne Stadtteile.